Für Tourismus und Almwirtschaft im Litzldorfer Tal ist Handlungsbedarf dringend notwendig! Darin sind sich v.l. Georg Rechenauer, MdL Klaus Stöttner, Bürgermeister Anton Wallner und Christina Pfaffinger (CAT) einig

Handel für Miteinander im Litzldorfer Tal dringend erforderlich

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Die Bergregionen des Voralpenlandes gelten seit Jahren, noch bevor Corona in aller Munde war, bei Urlaubern, Freizeit- und Tagestouristen als begehrte Ausflugsziele. Während der Pandemie stieg auch das Interesse von Erholungsuchenden aus den Großstädten in Richtung Bergwelt zu fliehen. Mit zunehmender Frequentierung an Gästen als Wanderer, mit Mountainbikes sowie vermehrt mit E-Bikes, wuchsen auch die Probleme, deren Lasten Almbewirtschaftung, Natur und Landschaft schultern müssen. Vor allem stören rücksichtslose und uneinsichtige Zeitgenossen, durch ihr Verhalten und eigenen Spielregeln den idyllischen Almfrieden und sorgen für zunehmenden Unmut und Ärger unter den Almbauern, Sennerinnen und Sennern.

Betroffen von der immer schlechter werdenden Situation des Miteinanders zwischen Almwirtschaft und Tagestourismus sind Georg Rechenauer, Schollbauer in Litzldorf, sowie Bezirksalmbauer Wolfgang Bauer, der stellvertretende Bezirksalmbauer Hans Kolb und Naturlandwirt Sepp Vogt, allesamt in Kutterling. Sie sind Landwirte und Almbauern und widmen sich über Generationen hinweg der Pflege und Erhalt ihrer eindrucksvollen Almen im Litzldorfer Tal sowie im Gebiet der Farrenpoint.

Das Zusammenspiel zwischen Almwirtschaft und Tourismus ist massiv gestört und der Ruf nach einvernehmlichen Lösungen wird stärker, wie aus einem Treffen am Oberulpointhof von Georg Rechenauer sowie im Rahmen eines Ortstermins auf seiner Alm im Litzldorfer Tal hervorging. Dem offenen Dialog, angesichts der geltenden Corona-Regeln mit Abstand, stellten sich neben Rechenauer und den Almbauern, der Landtagsabgeordnete und Tourismusverbands-Präsident Klaus Stöttner, Bad Feilnbachs Bürgermeister Anton Wallner und die Geschäftsführerin von Chiemsee-Alpenland-Tourismusverband (CAT) Christina Pfaffinger. Ergänzt wurde die Runde durch Hanspeter Mair, Geschäftsbereichsleiter Alpine Raumordnung im DAV, Brigitta Regauer, Task-Force-Mountainbike -Landkreis Miesbach, sowie Hans Stöckl und Nikolaus Schreyer, beide vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern.

Den Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, darunter fällt auch das Betreten von Wald und Bergweide, regelt das Betretungsrecht in der Bayerischen Verfassung. Demnach sind Staat und Gemeinden berechtigt und verpflichtet der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen landwirtschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechts freizumachen. Doch leider, wie Klaus Stöttner eingangs anmerkte, werde dieses Recht im Zusammenhang mit dem Volksbegehren Artenschutz, unangemessen ausgenützt.

Lenkungsmaßnahmen seien nach Ansicht der Beteiligten erforderlich jedoch seien Auslegungsweise sehr unterschiedlich und auch die Gesetzesauslegung komplex zu lesen. Ein Betretungsrecht auch bei privatem Eigentum könne nicht ausgeübt werden, wenn ein gesetzlicher Grund vorliege und Argumente von einem Landratsamt oder einer Kommune bestätigt wurden. Demnach können Erholungssuchende ihre wegegebundene Sportart auf dem Mountainbike oder E-Bike betreiben und sei auch nicht wegzubekommen.

Für Bürgermeister Anton Wallner sei die Situation Tourismus und Almwirtschaft auch aus der Sicht des Tourismusstandorts Bad Feilnbach und den angrenzenden Gemeinden sehr wichtig. Bezogen auf die momentanen Probleme könne er den Missmut der Landwirte und Almbauern nachvollziehen. Gleichzeitig wolle die Region dem „Gast“ die herrliche Natur und Landschaft anbieten. Mountainbiker sowie die Landwirte als Nutzer und Eigentümer ihrer Forst- und Bergstraße sollen miteinander auskommen können und niemand solle ausgesperrt werden. Aus Respekt zu Landschaft und Natur stünden kanalisieren von Radfahrern anstatt verteufeln im Vordergrund, so Bad Feilnbachs Rathauschef.

Wie Georg Rechenauer, auch für die anwesenden Landwirte und selbst begeisterte Radler ausdrücklich bekräftigte, wolle niemand der Almbauern Mountainbiker aussperren oder die Nutzung ihrer Forststraßen verbieten. Jeder der die Wege nutzt soll seinen Sport erleben, allerdings unter Einhaltung disziplinierter Spielregeln. Dazu bestünden akute Defizite wie Georg Rechenauer, Wolfgang Bauer und Hans Kolb anhand von negativen Beispielen auf ihren Almen bestätigten. Darunter fallen Müll und Fäkalien, neuerdings auch Zeltlager und Feuerstellen und eben disziplinlose und vermehrt aggressive Biker, die durch Herden rasen oder nachts mit Stirnlampen Jungrinder aufschrecken und flüchten lassen.  Vor allem Bergabfahrten stellen eine große Gefahr dar, nicht nur für Tiere, sondern auch für Wanderer, sowie Sennerinnen, Senner und Almbauern.

Wie Brigitta Regauer anmerkte, würden sich Menschen in einer anonymen Masse viel mehr zutrauen und begünstige Aggression und Disziplinlosigkeit. Einfache Botschaften wie Schilder mit Hinweisen und Bildern mit Tieren „Ich bin schreckhaft!“ oder „Ich brauche meinen Almfrieden“ könnten helfen. Pfiffige Ideen etwa auf Bierdeckeln oder Prävention an den Schulen waren Vorschläge von Christina Pfaffinger. Für eine konzertierte Lösung in verständlicher Sprache als Aufgabe des Staates plädierte Hanspeter Mair und betonte dabei die Bedeutung von Aufklärung und Dialog.

Nach Ansicht von Regenauer sollten Almbauern Maßnahmen ergreifen können Mountainbiker und auch E-Radler zur Vernunft zu bringen und zu lenken. Der Mountainbiketourismus bedarf einer Änderung auch zum Wohl der Artenvielfalt und darin lebenden Wildtieren und der Natur. Im Litzldorfer Tal bestehe dringender Handlungsbedarf das auch ein Überleben der Almwirtschaft und Weitergabe an die nächsten Generationen ermögliche.

„Tempo und Geschwindigkeit sollen im Litzldorfer Tal insbesondere bei Abwärtsfahrten herausgenommen werden“.  Darin waren sich Hans Stöckl und Brigitta Regauer und regten an „Wilde Trail zu verbieten“, oder mit Gatter und Rampen die Radler zum langsameren Fahren zu zwingen, oder Schilderstrecken einzurichten. Zäune oder Nummernschilder für Fahrräder, so die Mehrheit der Anwesenden sich einigend, bieten keine geeignete Lösungsansätze. Der Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner setzt mehr Augenmerk auf Kommunikation als wichtiges Element zur Problematik, das nicht nur für das Litzldorfer Tal, sondern auch für andere touristischen Anlaufziele für Tagestouristen gelte. Modelle sollten in Zusammenarbeit mit Bürgermeistern, Almbauerntag und Mountainbikevereinigungen erarbeitet und ausprobiert werden. Wichtig sei gemeinsam an einem Strang ziehen und mit einheitlichen Kampagnen gemeinsame Wege gehen, war das Credo am Schluss der gemeinsamen Runde.

Bild: Peter Strim, Bad Feilnbach


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